Es war nur ein schmucklos einfaches Holzbrettchen an ihrer Schlafzimmerwand, eingebrannt der Spruch:
„Immer wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“
Als ich lesen konnte, fragte ich nach der Bedeutung und meine Oma erklärte sie mir kindgerecht. Geblieben ist mir das Bild von Dunkelheit, die durch eine kleine weiße Kerze, wie am Weihnachtsbaum, erhellt wurde. Ich erinnere mich nicht, dass die Oma den Spruch zitiert hätte; öfter aber sprach sie wohl von ihrer eigenen Erkenntnis daraus, in ihrer Mundart, moselfränkisch:
„De Zouversécht éss et Wichdéchscht.“ / „Die Zuversicht ist das Wichtigste.“
Heute ahne ich, welch große Rolle die Zuversicht in ihrer Biografie gespielt haben mag, von der jungen Kriegswaisen im ersten Weltkrieg über Not und Armut, über die Schrecken des zweiten Weltkrieges, Schicksalsschläge, Krankheiten bis hin zur großherzigen Hochbetagten.
Irgendwann wurde das Holzbrettchen entsorgt und auch der Begriff „Zuversicht“ gehörte nicht mehr zum Alltagswortschatz.
Den trivialen kleinen Spruch haben wir eher belächelt. Längst gehörten indianische, afrikanische, chinesische oder sonstige weitgereiste Weisheiten zu unserem modernen Lebensgefühl.
Zuversicht.....was ist das für ein Wort?
Erstmals belegt ist es im 9. Jahrhundert; althochdeutsch: zuofirsiht;
mittelhochdeutsch: zuoversiht. Beides beinhaltet das Wort „siht“, d.h. die Fähigkeit zu sehen,
die Sehweite, der Ausblick, die Betrachtungsweise.
Zuversicht sieht die Probleme und Schwierigkeiten deutlich, kann Schicksalsschläge annehmen und mit ihnen umgehen.
Wenn in einer schier ausweglos empfundenen Situation „von irgendwo ein Lichtlein kommt“, in welcher Gestalt auch immer, ist das ein Geschenk.
Zuversicht bedeutet weit mehr als festes Vertrauen und Hoffnung auf einen guten Ausgang, mehr als Optimismus.
Zuversicht ist die Erkenntnis einer Chance, dass ich aktiv mitgestalten kann; vielleicht gelingen mir nur winzig kleine Schritte, vielleicht sogar der große Wurf. Auf jeden Fall, „es geht wieder was“, heraus aus meiner Hilflosigkeit, Ohnmacht.
Ich kann mir Omas Überzeugung:
„de Zouversécht éss et Wichdéchscht/ die Zuversicht ist das Wichtigste“
sehr gut zu eigen machen.
Ich fühle es ganz intensiv und habe Beweise.